Die Anwälte

Erst eine Standesbeamtin, jetzt Anwälte… Es lässt sich in letzter Zeit ein gewisser Hang zu Filmen feststellen, in denen rechtliche Fragen eine gewisse Rolle spielen. Wenn man schon bei dem Bild aus Die Standesbeamtin bleiben will, fährt das Schiff des Lebens auch hier in ziemliche Untiefen. Oder wie könnte man es erklären, dass im Jahr 1971 Otto Schily (SPD) und Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/ Die Grünen) das damalige RAF-Mitglied Horst Mahler (NPD) aus kollegialer Verbundenheit verteidigt haben?

Die Anwälte ist eine ganz schräge Kiste in Dokumentarform. Es gibt unendlich viel Bildmaterial aus alten Fernsehaufnahmen über Schily, Ströbele und Mahler. Wie aus den Interviews relativ deutlich ersichtlich wird, gab es am Anfang jede Menge Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede im Denken der drei Rechtsanwälte. Mahler wollte immer den Sozialismus in einer sehr kommunistisch geprägten Auslegung einer Systemveränderung. Schily ging es auch um die Systemveränderung, allerdings innerhalb des Systems mit den Mitteln eines Rechtsstaates. Ströbele war Sozius von Mahler und hat zusammen mit Schily in den Stammheimer Prozessen RAF-Mitglieder vertreten.

Im Nachhinein gesehen sind Die Anwälte Geschichten unglaublicher Entwicklungen. Bei Hans-Christian Ströbele mag man noch sagen, dass er sich am treuesten geblieben ist. Otto Schily gibt dies zumindest vor, auch wenn er als junger Anwalt wahrscheinlich massiv gegen seine Maßnahmen als Innenminister in der Regierung Schröder vorgegangen wäre. Horst Mahler ist ganz unbegreiflich, was auch an den langen Haftaufenthalten liegen könnte. Eine gewisse Ironie liegt auch darin, dass sich die Lebenswege der drei Anwälte immer wieder kreuzen: Schily und Stöbele waren lange Zeit zusammen im Bundestag. Mahler hat die NPD im NPD-Verbotsverfahren gegen den damaligen Innenminister Schily vertreten.

Die Anwälte ist ein sehr aufwühlender Film, der es einem schwer macht, die aufgeworfenen Puzzlestücke wieder zusammenzuführen. Man könnte fast sagen, es sind drei verwobene Puzzlebilder, die sich einfach nicht zusammenfügen wollen. Aus diesem Anlass muss ich meine Kinokarte zum Preis von 7 Euro geradezu in ein Krypt Silber Puzzle eines bekannten Anbieters zum Preis von 12,99 Euro umwandeln.

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