Der große Ausverkauf

Dieses Jahr scheine ich richtig Glück bei meinen Kinobesuchen zu haben. Ein Film ist schon ausgefallen und gestern gab es Filmsalat. Irgendwie haben die Leute vom Verleih nicht richtig aufgepasst und statt der zweiten Filmrolle lief dann die dritte auf dem Kopf stehend und rückwärts. Ergebnis: Eine halbe Stunde Zwangspause bis der Vorführer alles wieder sortiert hatte.

Der große Ausverkauf erzählt uns im englischen, spanischen und Zulu(?)-Original mit deutschen Untertiteln von den großen Erfolgen der von der Weltbank und anderen Institutionen ausgelösten Privatisierungswelle. Dass Privatisierungen ein geeignetes Mittel sind, um Armut zu bekämpfen, sieht man an den folgenden vier Beispielen:

In Südafrika sind Strom- und Wasserversorgung privatisiert worden. Das hat dazu geführt, dass man beides bei mangelnder Bonität mit einer Prepaidkarte beziehen kann. Bei uns kennt man das ja nur noch von Campingplätzen, wo das Heißwasser zum Duschen nur nach Münzeinwurf zu erhalten ist. In South Western Township alias Soweto ist das gang und gäbe, so dass sich ein Komitee zur Sicherung der Stromversorgung gebildet hat. Bei einer Stromanschlußkappungsrate von 20.000 Häusern im Monat wäre ansonsten nach 8 Monaten die Lichter im wahrsten Sinne des Wortes ausgegangen.

Auf den Philippinen gilt der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt.“ im Gesundheitswesen, so auch arme Leute so schöne Sachen wie eine Dialyse selbst zahlen dürfen. Ab und zu ist dann auch Handarbeit angesagt, wenn man sich eine Beatmungsmaschine nicht leisten kann. Dass dann eine Stromrechnung nicht mehr bezahlt werden kann, ist kein Wunder. Gleichzeitig verlassen jede Menge gut ausgebildete Krankenschwestern und Ärzte das Land, weil sie anders wo mehr verdienen können. Falls jemand eine Anleitung braucht, wie man ein Gesundheitssystem herunterwirtschaftet, hier ist sie.

In Großbritannien ist die Eisenbahn privatisiert worden, was zu einem ziemlichen Chaos geführt hat. Nach drei schweren Unfällen ist übrigens das Streckennetz wieder in staatliche Hoheit übergeben worden, weil notwendige Reparaturen aus Profitgier nicht ausgeführt worden waren. (Kleine Anmerkung für Herrn Mehdorn am Rande: Bei der Privatisierung der Deutschen Bahn möge das Streckennetz doch bitte nicht mitverscherbelt werden.) Auf jeden Fall hat die Privatisierung zu blühenden Geschäften bei Uniformherstellern geführt. Eine Bahnfahrt durch das Vereinigte Königreich hat sich jedoch zum logistischen Alptraum entwickelt.

In Bolivien wurden die Wasserwerke der drittgrößten Stadt Cochabamba privatisiert, was erst zu einer saftigen Preiserhöhung und dann zu 6 Monaten Bürgerkrieg geführt hat. Danach wurde die Privatisierung rückgängig gemacht.

Wer das ganze für ein Märchen hält, möge doch ins Kino gehen und sich selbst überzeugen. Ich privatisiere hier erstmal meine Kinokarte und verlange ab sofort 30% mehr.

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