One Man Band und Cars

Eigentlich hat ja Hollywood Mainstream-Kino nicht wirklich was in dieser Kritikenliste zu suchen. Allerdings hat mich die Geschichte von Cars dazu bewogen, doch etwas zu schreiben. Außerdem waren gestern Abend in der Originalversionsvorstellung gerade mal 20 Personen, womit die Besucherzahl deutlich unter anderen von mir gesehenen Filmen lag.

Der Vorfilm zu Cars nennt sich One Man Band uns ist ein herrliches Beispiel für den Kampf um Aufmerksamkeit. Pauken und Trompeten gegen Flöten und Geigen. Am Ende siegt Qualität gegen Quantität.

Cars spielt in einer Welt, die von Autos statt von Menschen bewohnt wird. Hauptfigur ist der Rennwagen Lightning McQueen, der als Neuling im Piston Cup, dem bedeutendsten Autorennen Amerikas mitfährt. Im letzten Rennen vergibt Lightning McQueen die Chance, den Piston Cup zu gewinnen, weil er partout keine Reifen wechseln will. Es kommt zu einem Fotofinish, in dem die drei führenden des Piston Cups zeitgleich siegen. Also wird ein Entscheidungsrennen notwendig, das eine Woche später in Kalifornien ausgetragen werden soll.

Lightning McQueen will unbedingt als erster in Kalifornien ankommen und treibt deshalb seinen Truck Mack an, möglichst schnell sich dorthin auf den Weg zu machen. Dies führt zu einer Nachttour des völlig übermüdeten Macks, auf der Lightning verschütt geht. Statt in Kalifornien findet er sich in dem Nest Radiator Springs wieder, das seit Jahren vergessen worden ist, nachdem ein Interstatehighway an dem Örtchen vorbei gebaut worden ist. Zudem hat Lightning bei seiner nächtlichen Tour alles Mögliche in Radiator Springs zerstört, was dazu führt, dass er zur Beseitigung der Schäden verknackt wird. Jeder Tag in Radiator Springs bedeutet Zeit, die er verliert, um sich auf das Rennen in Kalifornien vorzubereiten.

Die normale Geschichte eines solchen familientauglichen Films lässt sich am Beispiel von Robots erklären: Ein Underdog (hier: Rodney Copperbottom) findet als einziger, dass irgendetwas gesellschaftlich schief läuft. Bei den Autoritäten wird ihm nicht geglaubt und deshalb muss er sich mit anderen Unterprivilegierten zusammenschließen, um für seine Ideale zu kämpfen. Im Bündnis schafft er es dann den Bösewicht, der sich meist mit zwielichtigen Mitteln seine Position verschafft hat, zu stürzen. Daraufhin ist die Welt wieder in Ordnung und der Underdog hat sich durch seine Rebellion eine angesehene Stellung in der neuen Gesellschaft verschafft. Also irgendwie die Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär, nur nicht unbedingt auf finanzieller Ebene, sondern auch auf moralischer; und eine schöne Erzählung über Führungskraftqualitäten.

Cars passt überhaupt nicht in dieses Schema. Lightning McQueen ist ein Auto auf Egotrip, dem alle weiblichen Fans zu Reifen liegen könnten und der alte Rostlauben nicht ausstehen kann. Zumindest nervt es ihn gewaltig, dass ein Rostschutzmittel sein Hauptsponsor ist. Nachdem er es mit seiner Boxencrew (bestehend aus Autos aus einer Mischung zwischen BMW Isetta und einem Gabelstapler) gründlich verdorben hat, hat er nicht nur am Arbeitsplatz keinen besten Freund, sondern insgesamt überhaupt keinen, dem er Freikarten für das Rennen geben kann.

Dann passiert ihm noch das Missgeschick, in Radiator Springs nur lauter verrückte Typen zu treffen, die ihn ein bisschen scheel ansehen: Tow Mator, ein Abschleppwagen, der nur noch vom Rost zusammengehalten wird; ein Jeep als durchgeknallter Vietnamkriegsveteran; eine bekiffter Hippie VW-Bus; die Frau des verrückten Stadtgründers Stanley und Sally, ein Porsche, ehemalige Anwältin, die aus Kalifornien nach Radiator Springs geflohen ist. Zu allem Unglück akzeptieren die lokalen Reifenhändler Luigi und Guido nur einen Ferrari als echten Rennwagen. Lightning Mc Queen muss am Ende bei diesen Underdogs durch eine harte Schule, um am Ende doch nicht zu gewinnen.

Trotz der schwachen Besetzung von 20 Leuten waren dennoch einige Male herzhafte Lacher zu hören. Ich halte Cars für eine streckenweise sehr gelungene Komödie, die aber auch nachdenklich stimmt. Zumindest war der Abspann so fesselnd, dass ich überhaupt nicht feststellen konnte, wer bei Cars mitgewirkt hat. Allen Kinobesuchern spendiere ich hiermit eine virtuelle Karte der Umgebung von Radiator Springs im Wert von 9,90 Euro für meine Kinokarte von 8,50 Euro. Wir wollen ja nicht wirklich, dass sich hier jemand verfährt.

Zur alphabetischen Filmliste
Zur chronologischen Filmliste

Zur Homepage