Feliz Ano Novo, also Frohes Neues Jahr, ist einer der Sätze, die in Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão an einem 2. Januar
geschrieben wird. Allerdings nicht im Jahre 2020, sondern Mitte der fünfziger Jahre mitten in Rio de Janeiro. Die Sehnsucht
der Schwestern Gusmão, den ich gestern im portugiesischen und griechischen Original mit gut lesbaren Untertiteln gesehen
habe, entführt uns in eine Welt, die nur 70 Jahre von der heutigen entfernt ist und dennoch so fern erscheint.
Die beiden Schwestern Guida und Euridice Gusmão wachsen als Töchter eines Bäckers mitten in Rio de Janeiro auf. Man könnte
fast sagen, sie sind unzertrennlich, wenn da nicht Georgios wäre, ein Seemann aus Griechenland. Guida hat sich in ihn
verliebt und brennt mit ihm nach Griechenland durch. Natürlich hat es insbesondere der Vater besser gewusst. Aber ab und zu
sind Verbote nicht der richtige Weg, um an das Ziel zu kommen. Euridice konzentriert sich auf ihr Klavierspiel und wird
dennoch recht bald an den Sohn eines Mühlenbesitzers verheiratet, der der wichtigste Lieferant für ihren Vater ist. Frauen
schickte man zu dieser Zeit recht unerfahren in die Ehe. Zum Glück erhält Euridice von Tante Zélia noch ein paar Ratschläge.
Es ist eine Zeit, in der Männer jeglichen Wissensvorsprung für sich zu nutzen wissen.
Als Guida nach etwa einem Jahr aus Griechenland in schwangerem Zustand zurückkommt, verstößt ihr Vater sie und gibt auch der
Mutter die Auflage, dass Euridice auf keinen Fall Bescheid wissen soll, dass ihre Schwester Guida wieder in Rio de Janeiro
ist. Mit etwas Geld ausstaffiert, kommt diese irgendwo unter und denkt, dass ihre Schwester Euridice mittlerweile in Wien am
Konservatorium studiert, weil dies die Erklärung ihres Vaters für die Abwesenheit Euridices war. Um den Kontakt nicht zu
verlieren, schreibt Guida immer wieder Briefe an Euridice unter der Adresse ihrer Eltern. Euridice lässt währenddessen einen
Privatdetektiv nach ihrer Schwester suchen.
Man könnte bei Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão ab und zu denken, dass die freudige Nachricht einer Schwangerschaft nur
dazu dient, die Ehefrau noch stärker an den Haushalt zu binden. Auf jeden Fall findet es Euridices Ehemann Antenor nicht
lustig, dass sie an Klaviervorspielen teilnimmt. Sie hingegen findet es nicht gut, dass Geburtstermine auf die Daten von
Klaviervorspielen fallen. Es ist dann immer wieder die Frage in Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão, für wen die Botschaft
eine frohe ist. Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão war schwere Kost zum Einstieg in das Jahr 2020, erhält aber von mir
dennoch 12 von gezahlten 9,50 Euro.