Vielleicht ist es ein etwas ungewöhnlicher Moment, Frohe Ostern zu wünschen, nachdem ich gestern Das Kongo-Tribunal im
deutschen, französischen, englischen, Suaheli- und Lingala-Original mit gut lesbaren Untertiteln gesehen habe. Das
Kongo-Tribunal ist ein Schweizer Dokumentarfilm, der sich mit den Lebensbedingungen von Minenarbeitern im Ostkongo und
alltäglichen Massakern auseinandersetzt. In den letzten 20 Jahren sind knapp 7 Millionen Menschen weitgehend unbeachtet von
der Weltöffentlichkeit im Kongo gestorben.
Milo Rau, der Regisseur von Das Kongo-Tribunal, geht eine ziemliche Gratwanderung. Das Kongo-Tribunal verhandelt in einem
fiktiven Gerichtsprozess reale Menschenrechtsverletzung im Ostkongo. Es geht um Konzessionen für zwei Minenunternehmen, die
mit ihren Abbaumethoden entweder die Umwelt vergiften oder Minenarbeiterkollektiven den Rang streitig machen. Der dritte Fall
ist ein Massaker in einem Dorf, bei dem eine mittlere zweistellige Zahl von Bewohnern von einer Miliz umgebracht worden sind,
ohne dass die Polizei, das Militär oder die UN-Truppen eingegriffen hätten. Das Tribunal tagte im Jahr 2015 in Bukavu, der
Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu sowie in Berlin für die Verstrickungen der EU und westlicher Konzerne.
Im Osten des Kongos können die qualitativ hochwertigsten Mineralien zur Handyherstellung sowie Gold, Diamanten und andere
Bodenschätze gefunden werden. Gleichzeitig ist der Boden sehr fruchtbar. Insofern hat diese Gegend das Interesse europäischer,
amerikanischer, chinesischer und russischer Konzerne geweckt. Aufgrund von Gesetzgebung der Europäischen Union und der
Vereinigten Staaten von Amerika dürfen die geförderten Mineralien aber nicht gehandelt werden, weil es sich um sogenannte
Konfliktmineralien handelt. Eigentlich müsste die Wirtschaft aus diesen Gründen darniederliegen, sie tut es aber aus anderen
Gründen.
Jegliche moderne Staatstheorie geht ja davon aus, dass ein Staat auch in der Lage ist, sein Territorium unter Kontrolle zu
halten, sei es durch Polizeitruppen, sein Militär und entsprechende Gesetzgebung. Die Realität im Kongo sieht definitiv
anders aus, da die Zentralregierung eher losgelöst von den Provinzen arbeitet und auch Polizei und Militär nur bedingt
einsatzfähig sind. Dies führt auf der rechtlichen Ebene von Minenkonzessionen dazu, dass multinationale Konzerne Konzessionen
in Kinshasa aushandeln, die komplett an der Situation vor Ort vorbeigehen. Damit können auch Menschenrechtsverletzungen
zementiert werden, weil Ansprüche von Minenarbeiterkollektiven nie legalisiert worden sind. Bei Milizenangriffen ist niemand
zuständig. Das Kongo-Tribunal macht durch die Bearbeitung der Fälle die ganzen Probleme sichtbar, ohne eine wirkliche Lösung
dafür anbieten zu können. Es gibt zu viele Krähen, die der anderen kein Auge auskratzen mögen. Von mir gibt es für Das
Kongo-Tribunal 12 von gezahlten 7 Euro.