Zum ersten Mal seit Wind River bin ich wieder am Überlegen, inwieweit die Abbildung eines
Systems nicht auch eine Kritik an ihm sein kann. Jeanne du Barry den ich gestern im deutsch synchronisierten Französisch und
im lateinischen Original ohne Untertitel gesehen habe, zeichnet das Leben von Jeanne Vaubernier nach. Geboren als Kind einer
Köchin und eines Mönches wurde sie zur letzten wichtigen Mätresse des französischen Königs Ludwig XV. Der Weg nach Versailles
führte sie durch eine Klosterschule, wo sie Lesen lernte. Bücher waren ihre ständigen Begleiter. Als Ihre Mutter nach der
Rückkehr ihrer Tochter ihre Anstellung aus fadenscheinigen Gründen verliert, versuchen sie ihr Glück im Dunstkreis von
Versailles. Dort erweckt Jeanne die Aufmerksamkeit des Grafen du Barry, der sie später auch dem König vorstellen möchte.
In opulenten Bildern zeigt Jeanne du Barry wie der Hof in Versailles so sehr in den Ritualen der Hofetikette erstarrt ist,
dass es selbst den König zu langweilen anfängt. Insofern schadet es nicht, als Jeanne Vaubernier trotz der Hinweise von
Kammerdiener de la Borde etwas unkonventionell auftritt. Neben dem König leben am Schloss noch seine unverheirateten
Töchter, die stark die Ehre ihrer verstorbenen Mutter aufrechterhalten wollen. Außerdem hat der Klerus einen großen Einfluss.
Täglich um 10 Uhr wird die Messe zelebriert. Insofern gibt es auch starke Kräfte, die etwas gegen das Vorhandensein von
Mätressen haben. Das führt natürlich zu entsprechenden Konfrontationen. Dennoch zeigt Jeanne du Barry auch eine Welt
außerhalb dieser Machtspielchen. Von mir gibt es daher für Jeanne du Barry eine Wertung von 12 von gezahlten 12 Euro.