Ich bin mir nicht ganz sicher, an welche Zielgruppe sich I am Mother wendet. Frauen scheinen es nicht zu sein. Vielleicht
bin ich auch nur durch die Lektüre eines wissenschaftlichen Buches über Raumstationen in Science-Fiction-Literatur darauf
gekommen, dass ich mir I am Mother anschauen sollte. Auch wenn es im Trailer nicht so aussah, I am Mother spielt nicht auf
einer Raumstation, sondern auf der Erde.
Die Menschheit ist durch einen Virus ausgelöscht worden. In einem raumstationähnlichen Institut sind Embryonen eingelagert
worden, damit zukünftige Generationen der Menschheit den Untergang der Spezies überstehen können und sich das Leben
fortsetzt. Die Betreuung der Embryonen und der daraus entstandenen Kinder unterliegt einem Androiden. Dieser hat knapp
13.000 Tage nach der Auslöschung einen Embryo aufgetaut und sich entwickeln lassen. Er zieht das kleine Mädchen heran und
lässt es immer wieder vorgegebene Tests durchlaufen. Mit Hilfe von Videos wird dem Kind, das in absoluter Isolation
aufwächst, die menschliche Kultur nahegebracht. Der Androide ist die Mutter, der Mensch die Tochter. Diese harmonische
Familienbeziehung wird eines Tages gestört, als an der Luftschleuse nach draußen eine weitere Frau auftaucht, die eigentlich
gar nicht mehr existieren dürfte. Denn alles, was von draußen hereinkommt, ist so gefährlich, dass es in der
Müllverbrennungsanlage entsorgt werden muss.
I am Mother ist auf der einen Seite hochgradig verstörend, weil ein Roboter ein Kind aufzieht. Gleichzeitig stellt I am
Mother immer wieder die Frage, wer recht hat. Ist es der fremdartige Roboter, der sich Jahre um die Tochter gekümmert hat,
oder die Frau von draußen, die zur selben Art gehört? Was ist sowieso richtig? Die Geschichten aus der Isolation oder die
Geschichten von draußen? Kann das menschliche Hirn die Maschine austricksen oder ist das System so groß, dass es immer
gewinnt? Ein bisschen musste ich an die Proteste in Hongkong denken, die je nach Lesart brutale Angriffe von Terroristen oder
gewaltfreie Massenaufläufe sind. Wahrscheinlich ist eher letzteres mit einigen Ausnahmen, weil sich Spannungen entladen. Aber
wenn eine Milliarde Chinesen das anders sehen, wer hat dann die Wahrheit gepachtet?
Die Jagd auf den Alien, beziehungsweise den Menschen, ist bei I am Mother mit Spannung angelegt, wobei es erstaunlich ist,
was sich ändernde Beleuchtungsverhältnisse und entsprechende Musik auslösen können. Dafür und für das Draußen gibt es von mir
12 von gezahlten 10 Euro.