Es ist doch immer wieder überraschend, mit welchen Themen sich Dokumentarfilmer beschäftigen. Space Tourists ist
ein Schweizer Dokumentarfilm von Christian Frei, der auch schon The Giant Buddhas
gedreht hatte. Space Tourists läuft im englisch-russisch-rumänischen Original mit gut lesbaren Untertiteln.
Dennis Tito war 2001 der erste Tourist im All. Im Jahr 2006 startete Anousheh Ansari als erste Weltraumtouristin
mit einer Sojus-Kapsel in das Weltall. Space Tourists begeleitet ihre Vorbereitungen und zeigt Aufnahmen während
ihres Aufenthaltes auf der ISS. Natürlich ist es interessant, etwas über die ungeheueren Kräfte beim Abschuss
einer Weltraumrakete zu erfahren. Man muss aber auch wissen, dass das russische Weltraumprogramm mit seinem
Kosmodrom in Baikonur etwas Unwirkliches hat. Man hat damals zu sowjetischen Zeiten eine kommunistische
Beglückungsarchitektur hinterlassen, die seinesgleichen sucht. Davon kann der russisch-norwegische Photograph
Jonas Bendiksen einiges berichten. Im Umfeld Baikonurs und der vermeintlich nahen Stadt Zhezkazgan finden sich
lauter überdimensionierte Denkmale, die auf die Großtaten sowjetischer Raumfahrt hinweisen.
Die Großtaten sowjetischer Raumfahrt zeichneten sich allerdings schon immer durch eine recht pragmatische
Ingenieurskunst aus, die den fehlenden finanziellen Mitteln geschuldet war. Richtig kompliziert wirken die
Sojus-Raketen nicht, aber sie kommen sehr zuverlässig oben an. Die Ausfallrate ist mit 2,5% sehr gering. Dennoch
tragen die 20 Millionen Dollar, die ein touristischer Weltraumflug kostet nur die Hälfte der Kosten für den
Raketenstart.
Umso erstaunlicher ist es, dass man die ausgebrannten Raketenstufen einfach auf die Erde fallen lässt, wo sie von
Altmetallhändlern wieder aufgesammelt werden. Die halbkugelförmigen Schalen eines Brennstofftanks werden zum
Suppentopf umfunktioniert und dann werden die Booster-Raketen auseinandergenommen. Sie bestehen aus Aluminium-
und Titanlegierungen, die dann nach China verkauft werden. Alufolien in China können also aus gebrauchten
Raketenteilen bestehen. Man muss einfach sehen, dass bei einem Space-Shuttle- oder Ariane-Start die
entsprechenden Teile in den Atlantik fallen. Bei einem Start in Baikonur landet die erste Stufe in der dünn
besiedelten kasachischen Steppe, die zweite Stufe fällt im verhältnismäßig dicht besiedelten Altai-Gebirge
herunter. Die dortigen Bauern sind dann schon froh, wenn ihre Kühe nicht erschlagen werden. Das Metall findet
jedoch allerhand praktische Verwendung.
Space Tourists ist ein kleiner, aber feiner Film, der wesentlich mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Von meiner
Seite aus gibt es zwar keine 20 Millionen Dollar, aber immerhin 10 Euro für gezahlte 7 Euro.