In Fahrenheit 451 beschreibt Ray Bradbury eine Gesellschaft, die durch das
Fernsehen künstlich doof gehalten wird und in der es verboten ist, Bücher zu
lesen. Mit unserem Fernsehprogramm sind wir mittlerweile - 20 Jahre
Privatfernsehen sei Dank - nicht mehr weit von diesem Zustand entfernt. Man
braucht sich nur mal das Vormittagsprogramm an einem gewöhnlichen Werktag
reinzuziehen. Das ist nicht einmal mehr beim Bügeln erträglich.
In Fahrenheit 9/11 wendet sich Michael Moore gegen die Regierung von George
W. Bush. Im Gegensatz zu Bowling for Columbine oder Morgan Spurlocks
Supersize Me bleibt das große Bush-Bashing aus. Moore versucht mehr durch
Fakten sein Publikum zu überzeugen, dass etwas faul ist im Staate USA.
Wir könnten zum Beispiel dieses nette Spielchen spielen, über Begegnungen
Leute zu verbinden. Was wäre zum Beispiel mich und Gerhard Schröder auf
diese Art verbinden? Ganz einfach: Ich habe bei den Studentendemonstrationen
1997 eine Petition an MdL Ursula Kuri übergeben, welche Erwin Teufel kennt,
welcher wiederum Gerhard Schröder kennt. Fertig innerhalb von drei
Schritten. Die Theorie sagt, dass man jeden beliebigen Menschen auf dieser
Welt mit einem beliebigen anderen innerhalb von sieben Schritten verbinden
kann.
Da machen wir doch mal mit Michael Moore die Probe aufs Exempel mit zwei
Paaren, die garantiert weit auseinander liegen müssten: George W. Bush -
Osama Bin Laden und Donald Rumsfeld - Saddam Hussein. Die Sache ist relativ
einfach: Georgiboy kennt Osamas Bruder persönlich und Donald Rumsfeld hat
Saddam schon einmal die Hand geschüttelt. (Und ich habe mich schon als
Bestandteil einer 14-teiligen Kette zwischen Bush und Bin Laden gesehen.
Diese unvorhergesehen Shortcuts.)
Wie gut das die Bin Ladens ihr Geld in amerikanischen Rüstungsfirmen
angelegt haben. Das schwarze Schaf der Familie dann das Land angreifen zu
lassen, was vermehrten Rüstungsausgaben führt, ist nicht nur eine Lizenz zum
Gelddrucken, sondern auch ein recht schlaue Taktik! (Sie mussten ihr Geld
dann doch zurückziehen.)
Ansonsten zeigt Fahrenheit 9/11 neben einem recht dümmlich wirkenden Bush
noch die Auswirkungen des Patriot Acts auf friedliche Friedensaktivisten und
recht krasse Bilder aus dem Irakkrieg, die so nicht zu Hause gezeigt werden
dürfen.
Fahrenheit 9/11 ist eher ein Film über die Medienmanipulationen der
Regierung Bush, als über handwerkliche Fehler. Wie verunsichere ich meine
Bevölkerung, indem ich widersprüchliche Signale setze. Ich persönlich
erinnere mich noch an die Meldung, dass ein BSE-Fall irgendwo in den USA
nach Auskunft des Ernährungsministers keinen Zusammenhang mit irgendwelchen
Terroranschlägen habe. Nach der Antraxbriefwelle und sprengstoffbeladenen
Modellflugzeugen dürften BSE-verseuchte Kühe, die mitten in Großstädten
explodieren, wohl das größte Terrorrisiko darstellen.
Mich lässt Fahrenheit 9/11 nachdenklich werden über die Unabhängigkeit
unserer Presse. Wie wäre wohl die Irakberichterstattung ausgefallen, wenn
Deutschland der Koalition der Willigen beigetreten wäre? Hätten wir dann
auch so differenziert über die Irakkrise diskutieren können? Nun da der
Irak, bzw. die allierten Kräfte im Irak, über Massenvernichtungswaffen
verfügt, können wir wieder beruhigt schlafen. Saddams bedrohliche
Waffenarsenale hat aber noch niemand gefunden. Dafür profitiert Halliburton,
deren Ex-Chef Vizepräsident Dick Cheney war, mächtig von den amerikanischen
Aufträgen im Irak. Die Busfahrer verdienen sogar mehr als die Soldaten. Die
amerikanischen Steuergelder werden de facto als private Gewinne an die
Anteilseigner Halliburtons ausgeschüttet. Das ist pure Umverteilung nach
oben, basierend auf Beziehungen. Wie nennt man so etwas auf gut gälisch?
Bananapoblacht - Bananenrepublik.
Im Lichte der Tatsache, dass der italienische Ministerpräsident Berlusconi
durch seine Beteiligung am Privatfernsehen fast 80% der italienischen Medien
kontrolliert, und angesichts einer gelenkten Demokratie in Russland geht es
uns noch gut. Wenn in einer wichtigsten Demokratien auf der Welt die Medien
so manipuliert werden können, zeigt es nur, auf welch wackligen Füßen das
Gebäude Demokratie steht. Für Fahrenheit 9/11 gibt es deshalb 9 Euro 11 für
meine Eintrittskarte von 6 Euro 50.