Shaolin Soccer

Shaolin Soccer ist wieder so ein Film zum Verstand abschalten. Eigentlich sollte er hier nicht erscheinen, aber das Programmkino bringt mir momentan zu viele deutsche Filme. Ausserdem leide ich gerade an einem akuten Hongkong-Flashback. Und das kam so:

Zum einen hatte sich die Mannheimer Fraktion dieses Email-Verteilers klammheimlich für eine Woche nach HK aufgemacht, was in mir gewisse Neidgefühle erweckt hatte. Dann kam noch hinzu, dass ich mich dunkel an die Rezension von Shaolin Soccer in der South China Morning Post erinnerte. Schließlich war Shaolin Soccer der Kassenfüller in HK damals im Sommer 2001. Mein damaliger Chef meinte nur, er möge Hongkonger Filme, weil die immer so lustig seien. Ich hatte also zunehmend das Gefühl, das ich damals etwas verpasst hatte. Gänzlich aus war es dann, als wir gestern morgen im Taichi-Unterricht die Übertragbarkeit von Figur Nummer 56 "Drehung mit Lotoskick" auf das Kurzpassspiel im Fußball untersucht haben. Man kann diese Bewegung nämlich nicht nur als Fußfeger, sondern auch zum Passspiel im Fußball verwenden. Da sage man noch ostasiatische Kampfkunst und Fußball hätten nichts gemein!

Die Story von Shaolin Soccer ist relativ schnell erzählt. Trainer Hong ist der Star im chinesischen Fußball. Vor 20 Jahren musste sein Assistent Fong nach einem verschossenen Elfmeter seine Karriere aufgeben. Jetzt will Fong endlich ein eigenes Team trainieren. Hong gibt ihm jedoch keine Mannschaft. Er trifft zufällig den ehemaligen Shaolinmönch Sing, der Kungfu promoten möchte. Bei ihrem zweiten Aufeinandertreffen kommt ihnen die Idee, sie könnten Kungfu und Fußball verbinden, um zum einen die Standfestigkeit von chinesischen Mauern mit Hilfe von Puma-Fußbällen zu testen und zum anderen so Hongs Team "Teufelsdrachen" im Finale des Supercups zu schlagen. Kurz: die Story erinnert stark an "Sie nannten ihn Mücke" mit Bud Spencer.

Nun muss man wissen, dass die sportlichen Höhepunkte Hongkongs neben den wöchentlichen Pferderennen in Happy Valley, Shatin und drüben in Macao, nicht gerade groß gesät sind. Es gibt die Drachenbootregatten mit dem Finale am Drachenbootfest in Stanley und den Trailwalker auf dem McLehose-Trail in den New Territories und Kowloon, wo ein Team von vier Leuten versucht, so schnell wie möglich die nicht geraden ebenen 100km des McLehose-Trails hinter sich zu bringen. Wenn man will, kann man auch das alljährliche Birdrace mitzählen. Das einzige, was jedoch in Richtung Ballsportart geht, sind die Hongkong Seven, ein Rugbyturnier. Dementsprechend sind dann auch die Fußballkenntnisse des Drehbuchautors ausgefallen. Shaolin Soccer ist ungefähr so statisch wie Tischfußball. Technische Mängel müssen mit Computereffekten ausgebügelt werden. Für den künstlerischen Ausdruck gibt es unter anderem wegen einer total unsinnigen Single Whip (Figur Nummer 8, 30, 42 und 52 aus unserer Taichiform) nur eine 1 im Vergleich zu einer 6 in Kick it like Beckham.

Shaolin Soccer ist ganz nett, gerät aber leicht zu einer Werbeveranstaltung für Puma, zufälligerweise einer der Hauptausstatter des Filmes, und Lane Crawford (bzw. Lan Kafu). Irgendwo in China, vermutlich in Zhuhai, steht noch so ein Times Square wie in Hongkongs Causeway Bay. Natürlich ist rechts am Eingang auch ein Lane Crawford-Laden. In Causeway Bay hätte man ja nicht drehen können, denn bekanntlich gibt es gemäß den 60 Anzeichen, dass man zu lange in Hongkong war, nur noch die Menschenmasse in Causeway Bay, die sich langsamer als Kontinentalschelf bewegt. Für Liebhaber des Kanto-Pop sei noch der Gastauftritt von Karen Mok als Stürmerin des Halbfinalgegners der Kongfußballer erwähnte.

Shaolin Soccer war zwar ganz lustig, aber ich brauche jetzt erstmal 6 San Miguel-Kingcans à 7 HKD (etwa 5 Euro), um meine Kinokarte von 8,50 Euro zu vergessen.

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