Ghosted - Aimei

Gestern habe ich mir Ghosted (im chinesischen Untertitel 暧昧, was zweideutig bedeutet) angesehen. Ghosted spielt sowohl in Hamburg als auch auf der Insel Taiwan, die von einigen Leute als Staat gleichen Namens angesehen wird, von anderen aber auch nur die abtrünnige Provinz genannt wird. Von diesen politischen Geplänkeln lassen wir uns hier aber nicht stören. Eher wirken die Nasen in Ghosted, das übrigens im deutschen, englischen und Mandarin-chinesischen Original mit meistens gut lesbaren Untertiteln läuft, störend.

Es ist in der Geschichte schon viel von Nasen die Rede gewesen. Man denke da nur an die berühmte Nase der Kleopatra, wobei man anmerken muss, dass die Dame nicht ganz so schön ausgesehen haben soll. Dass die Nase der Sphinx durch einen gallischen Touristen erheblichen Schaden genommen hat, ist auch nur ein Gerücht. In Taiwan fällt zumindest die Nase von Sophie Schmitt, einer bekannten Hamburger Künstlerin auf, die deutlich länger als die der restlichen Anwesenden ist. Bevor ich mich jetzt jedoch über die Schönheit asiatischer Nasen auslasse, sollte ich näher auf Ghosted eingehen.

Eigentlich fängt Ghosted mit einem Chinarestaurant an. Es ist allerdings nicht ganz so krank wie in Kebab Connection, wo Ibo per Glückskeks erfährt, dass er Vater wird. Die Taiwanesin Chen Ailing macht sich von Taiwan auf den Weg nach Deutschland zu ihrem Onkel Chen Fu, um nähere Umstände ihrer Geburt herauszufinden. Chen Fu ist Inhaber des China Restaurants Das Goldene Einhorn und Geschäftsmann. (Eine Definition, was ein chinesischer Geschäftsmann ist, findet sich bei Die Reise des chinesischen Trommlers.) Leider gehen Chen Fus Geschäfte nicht mehr ganz so gut, wie sie sollten. Daher muss Chen Ailing auch im Restaurant aushelfen, was aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse nicht wirklich funktioniert. (Merke: ein falsches Gericht beim Chinesen kann auch an Verständigungsschwierigkeiten zwischen Gast und Bedienung liegen!)

Chen Ailing darf dann auch kurze Zeit später die Unterkunft bei ihrem Onkel Chen Fu aus finanziellen Gründen verlassen. Sie findet Unterschlupf bei Sophie Schmitt, die sie auf etwas mysteriöse Weise bei einem taiwanesischen Filmfestival kennengelernt hat. Man könnte also sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. (Kein Wunder bei der Nase.)

Die Geschichte von Ghosted wäre einfach, wenn man sie nur so wie ich jetzt erzählen würde. Es wird ein bisschen Memento-haft, da nicht alles so chronologisch abläuft, wie ich es beschrieben habe. Sophie Schmitt gibt in Taiwan eine Vernissage mit ihren Videoinstallationen namens Remembrance, bei der sie auch eine Reporterin der Taipeh News namens Wang Meili trifft. Wang Meili interessiert sich für die näheren Umstände, wie Chen Ailing gestorben ist. Allerdings lässt sich dies nicht so einfach rekonstruieren, da sie die Bausteine zusammenpuzzeln muss. Zudem werden ihr immer wieder Steine in den Weg geworfen werden, unter anderem von Sophie Schmitts Nachbarn Leon, der etwas von dem Computerfreak Lolo aus Nicotina hat. Auf jeden Fall verfügt er wie Lolo über wohlsortiertes elektronisches Equipment.

Ghosted ist definitv eine bessere Version von Stratosphere Girl, was recht einfach zu bewerkstelligen ist. Es ist immer ein bisschen gezwungen, Handlungen über zwei Kontinente zu legen, aber in Ghosted bleibt es noch erträglich. Wie Tan de repente handelt auch Ghosted von lesbischer Liebe, es fällt aber nicht wesentlich auf. Ein chinesischer Zensor müsste vielleicht einmal zwei Minuten entfernen.

Die Kameraführung in Ghosted ist nicht immer die beste, was wahrscheinlich auch finanziellen Einschränkungen geschuldet ist. Allerdings wird Ghosted am Ende richtig spannend. Es ist nicht immer klar, was Wahrheit und was Einbildung ist. Auch Wang Meilis immer fragendes Gesicht lässt manche Schwäche vergessen. Eine Internetrecherche nach diesem Namen würde wohl kein so eindeutiges Ergebnis ergeben. Auch Chen Ailings Suche nach ihrem Vater kann eigentlich zu keinem verwertbaren Ergebnis führen. Insgesamt war ich jedoch positiv überrascht und verteile 12 für gezahlte 7 Euro. Dem chinesischen Namen wird Ghosted durchaus gerecht.

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